Kammerwahl 2025: Warum die VfA für mehr Gerechtigkeit und Nachvollziehbarkeit kämpft

Foto: Daniel Koebe

Viele Architekturbüros erleben es regelmäßig: Öffentliche Ausschreibungen mit unrealistischen Anforderungen, undurchsichtigen Auswahlverfahren und einem System, das nicht auf Qualität, sondern auf Formalien setzt. Wer als kleines oder mittelständisches Büro keinen spezialisierten Ausschreibungsberater beschäftigt oder nicht exakt dem Raster entspricht, hat oft kaum eine Chance – selbst bei hervorragender fachlicher Qualifikation. Dieses Verfahren ist weder fair noch zukunftsfähig. Die VfA setzt sich für transparente, nachvollziehbare und realistische Vergabekriterien ein.

Intransparenz als Ausschlusskriterium
„Immer wieder erleben wir, dass gute Architekturbüros aus rein formalen Gründen aussortiert werden“, kritisiert Lea Kestennus, Architektin aus Bad Oeynhausen und Mitglied der VfA. „Es zählt oft nicht, wer die beste Idee oder die größte Fachkenntnis hat – sondern wer die besten Formulierungen im Ausschreibungstext trifft oder die komplexesten Nachweise liefert. Das ist absurd.“

Erschwert wird die Teilnahme an Ausschreibungen durch immer wieder andere Formalien, Referenzanforderungen und Bewertungskriterien der unterschiedlichen Vergabestellen. Die Konsequenz: Eine echte Chancengleichheit gibt es kaum. Wer nicht über große Ressourcen verfügt, wird systematisch benachteiligt. Diese ungleichen Wettbewerbsbedingungen sind für kleinere Büros kaum zu überwinden, zumal die Wirtschaftlichkeit in der heutigen Zeit für viele von ihnen bereits an die Grenzen stößt.

Vertragsverhandlungen und Knebelverträge
Ein weiteres Problem sind die vorgefertigten Vertragsmuster, die öffentliche Auftraggeber häufig verwenden. Diese machen Vertragsverhandlungen nahezu unmöglich und führen zu „Knebelverträgen“, die die wirtschaftliche Planung von kleinen Büros stark einschränken. Die ohnehin schon knappen Ressourcen in kleinen Büros werden zusätzlich durch diese unflexiblen Verträge belastet. Es entsteht ein System, das die Vielfalt und Kreativität der Architektur im Keim erstickt.

Ein praxisfremdes System mit drastischen Folgen
Für viele kleinere Architekturbüros bedeutet das, dass sie aus dem Rennen sind, bevor es überhaupt begonnen hat. „Die Anforderungen an Referenzen, Teamgröße oder Projektvolumen sind oft völlig realitätsfern“, erklärt Bert Tilicke, Architekt und Landesvorsitzender der VfA. „Selbst wenn ein Büro jahrzehntelange Erfahrung mit vergleichbaren Projekten hat, reicht das nicht – weil es nicht exakt den Formalvorgaben entspricht. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch ein strukturelles Problem.“

Rügefonds als Etappensieg
Ein Etappensieg ist die Einrichtung eines Rügefonds bei der Architektenkammer NRW. Das ist das Ergebnis eines Antrags der VfA im Rahmen der VVS. Der Rügefond erhöht den Druck auf öffentliche Auftraggeber, die Vergabeverfahren transparenter und fairer zu gestalten.

Ein System für Menschen, nicht nur für Aktenordner

Die VfA fordert deshalb eine konsequente Reform der Vergabepraxis. Ausschreibungen müssen so gestaltet sein, dass Qualität, Kreativität und tatsächliche Erfahrung im Vordergrund stehen – nicht bloß Formalitäten und Checklisten. Das Ziel: Vergabeverfahren, die auch kleineren Büros realistische Chancen geben, sich zu bewerben und Projekte zu gewinnen.

„Wir brauchen transparente, nachvollziehbare Entscheidungen – keine Black Box“, betont Bert Tilicke. „Und vor allem muss Schluss sein mit Ausschlusskriterien, die nichts über die fachliche Eignung aussagen. Gute Architektur lebt von Vielfalt – nicht von Gleichschaltung.“ Die Ergebnisse der Vergabeverfahren seit dem Wegfall der verbindlichen Mindestsätze der HOAI zeigen auf, dass es einen Preisverfall und Unterbietungen zu den Mindestsätzen im erheblichen Ausmaß gibt. Damit geht es nicht mehr um die beste Planung für eine gute Zukunft.

Die VfA – für faire Wettbewerbsbedingungen in der Architektur

Die Kammerwahlen 2025 bieten eine echte Chance, dieses drängende Thema endlich in den Fokus zu rücken. Die VfA setzt sich seit Jahren für faire Vergabeverfahren ein – mit konkreten Vorschlägen, fundierter Kritik und politischem Engagement. Jetzt ist es an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen.

„Es geht nicht nur um Gerechtigkeit, sondern auch um Qualität“, so Borzoo Afshar, Architekt aus Bielefeld und VfA-Mitglied. „Wenn nur noch die größten Büros mit den besten Ausschreibungsberatern gewinnen, verliert die Baukultur an Vielfalt und Substanz. Dagegen stellen wir uns entschieden.“

Ihre Stimme zählt!
Faire Wettbewerbsbedingungen sind kein Luxus, sondern eine Grundvoraussetzung für eine lebendige, vielfältige und verantwortungsvolle Architektur. Die VfA kämpft für ein System, das wieder mehr auf Inhalt als auf Hülle setzt.

„Wir geben keine Ruhe, bis sich etwas ändert“, meint Lea Kestennus. „Nur mit einer starken Interessenvertretung können wir uns gegen die bestehenden Missstände zur Wehr setzen – und dafür sorgen, dass gute Architektur auch wieder eine faire Chance bekommt.“