Streit im Bauprojekt? Mediation statt Eskalation!
Streit während der Baustelle, Ärger mit dem Architekten oder Frust nach der Sanierung – wenn Bauprojekte aus dem Ruder laufen, kann es richtig krachen. Doch bevor alles vor Gericht landet, hilft manchmal ein anderer Weg: Mediation. Wir sprechen darüber mit unserem Mitglied Christiane Windgassen aus Remscheid – Architektin, Bau-Sachverständige und zertifizierte Bau-Mediatorin.
Frau Windgassen, wie sieht Mediation aus, wenn zwischen Parteien in einem Bauprojekt ein Konflikt entsteht?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vor kurzem habe ich in einem ziemlich verzwickten Fall vermittelt. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft war unzufrieden mit der Sanierung, der Architekt fühlte sich finanziell übergangen, und die Baufirmen standen wegen der Mängel unter Druck. Es ging also nicht nur um Technik oder Geld – da lagen die Nerven blank. Meine Aufgabe war, alle an einen Tisch zu bringen und eine tragfähige Lösung zu entwickeln.
Wie genau läuft so eine Mediation ab?
Erst mal höre ich zu – und zwar ganz genau. In der ersten Phase geht es darum, die verschiedenen Perspektiven zu verstehen. Bei diesem Fall wollten die Eigentümer vor allem ein mängelfreies Ergebnis. Der Architekt wiederum pochte auf faire Bezahlung für seine Extraarbeit.
Dann wurden die ausführenden Firmen einbezogen – ohne die ging’s nicht weiter. Gemeinsam haben wir geprüft, was machbar ist – technisch und finanziell. Am Ende haben wir klare Vereinbarungen getroffen: Wer macht was, wann und zu welchen Bedingungen? So wurde der Konflikt Schritt für Schritt aufgelöst.
Gab es Momente, in denen Sie dachten: Das wird nichts mehr?
Oh ja – fast in jeder Mediation gibt es solche Momente. Die Fronten waren extrem verhärtet. Der Architekt fühlte sich unfair behandelt, die Eigentümer forderten kostenlose Nachbesserung.
Aber genau da liegt der Kern meiner Arbeit: den Gesprächsfaden wieder aufnehmen, Verständnis fördern, Lösungen greifbar machen. Auch wenn’s manchmal dauert.
Was hat letztlich den Durchbruch gebracht?
Entscheidend war, dass alle bereit waren, sich aufeinander einzulassen. Die Firmen haben sich bereit erklärt, die Mängel größtenteils kostenlos zu beheben – das hat viel Druck rausgenommen. Und der Architekt bekommt nun eine faire Vergütung, aber erst nach erfolgreicher Mängelbeseitigung. Diese Kopplung hat Vertrauen geschaffen.
Was können andere aus diesem Fall lernen?
Mediation ist in den meisten Fällen effektiver als ein teurer und langwieriger Gerichtsprozess – besonders bei komplexen, emotionalen Konflikten. Der Fall zeigt auch, wie wichtig es ist, alle relevanten Parteien frühzeitig einzubeziehen. Und: Wenn alle ein Stück aufeinander zugehen, lassen sich erstaunlich gute Lösungen finden.
Wie wird man eigentlich Mediatorin? Und: Ist das beim Bauen noch Neuland?
Mediation ist in der Baubranche tatsächlich noch nicht weit verbreitet – dabei gibt es hier richtig viel Potenzial. Um als Mediatorin arbeiten zu können, habe ich eine fundierte Zusatzausbildung gemacht – mit Fokus auf Kommunikation, Verhandlungstechniken und Konfliktmanagement.
Das ergänzt meine Erfahrung als Architektin und Sachverständige perfekt. Ich kenne die technischen Abläufe und spreche die Sprache aller Beteiligten – das hilft enorm.
Wie wirkungsvoll kann Mediation sein?
Mediation ist zwar kein Allheilmittel, aber ein wirkungsvolles Instrument zur Konfliktlösung – besonders dann, wenn festgefahrene Situationen neue Perspektiven brauchen. Sie ermöglicht nicht nur schnellere und kostengünstigere Ergebnisse als ein Gerichtsverfahren, sondern fördert auch den respektvollen Dialog. Der vielleicht größte Vorteil: Alle Beteiligten behalten die Kontrolle über den Prozess und müssen die Entscheidung nicht an Dritte abgeben.
